Über die Webseite Trustedhousesitters bekommen wir zu unserer Freude bei unserer ersten Anfrage ein Zusage für ein Haus- und Hundesitting. Die Lage des Hauses im Mill Valley, das nur zehn Minuten von der Golden Gate Bridge entfernt liegt, fügt sich gut in unsere Route, da unser nächstes Ziel San Francisco ist. Nach zwei Monaten Van-Leben ist die Woche im Haus eine willkommene Abwechslung und “unser” Hund Rachel eine liebenswerte Mietbewohnerin. Wir genießen den Luxus einer echten Küche mit Backofen, einer täglichen Dusche und eines ruhigen Arbeitsplatzes. Der Van wird nach dem vielen Campen wieder in Schuss gebracht und wir erforschen die Umgebung (u.a. mit der Besteigung des nahe gelegenen Mount Tamalpais). Nach einer Woche hat das Vorstadtleben im amerikanischen Suburbia dann allerdings auch nicht mehr viel Abwechslung zu bieten. Nur der Abschied von Rachel fällt doch ein bisschen schwer.
Yosemite Nationalpark
Über den Tahoe Lake und das Mono Bassin nähern wir uns von Nordosten dem Yosemite Nationalpark. Da in Amerika das Labor Day Wochenende ansteht (das Reiseaufkommen ist vermutlich vergleichbar mit dem Osterwochenende), befürchten wir unendliche Massen und volle Zeltplätze in und um Yosemite. Wir haben Glück und finden auf dem letzten Campingplatz vor dem Osteingang des Parks ein freies Plätzchen und zudem sehr nette nordkalifornische Nachbarn, die uns mit ihrem abend- und morgendlichen Lagerfeuer vor dem Erfrieren bewahren – es ist unglaublich kalt auf 3000 Metern und der eisige Wind bringt selbst den Van zum Wackeln. Im 72er VW-Bus unserer Nachbarn geht es gemeinsam zu einer kleinen Wanderung im Nationalpark. Auf der Tour zum Cathedral Lake bekommen wir einen ersten Eindruck der vielen Granit-Dome.
Nach zwei Nächten bewegen wir uns auf dem Tioga Pass im Nationalpark 500 Höhenmeter nach unten, in der Hoffnung den nächtlichen Minusgraden zu entfliehen. Doch obwohl wir in voller Montur im Schlafsack liegen, frieren wir mehr als zuvor. Sogar die Scheiben gefrieren. Unsere weiteren Wanderungen in Yosemite machen jedoch jede frierende Sekunde vergessen. Die Wanderung zum North Dome, vor dem sich der berühmte Half Dome überwältigend aufbaut, fesselt uns unglaublich. Nur schwer können wir uns nach über einer Stunde von der Aussicht lösen. (Anm. Berni: Schnappatmung! Die Photos können dem hier leider auf keine Weise gerecht werden. Muss man hin!)
Am letzten Tag finden wir im Yosemite Valley, das nur noch auf 1300 Metern liegt, mehr Wärme. Wir entscheiden uns für eine 22km lange Wanderung, durch die wir das Tal und die Dome aus verschiedenen Perspektiven betrachten können. Wir steigen zunächst 1000 Höhenmeter zum Glacier Point auf, von dem wir erneut einen atemberaubenden Ausblick haben. Ruhe und Einsamkeit findet man dort jedoch inmitten der Auto-Touristen nicht, die im Gegensatz zu uns frisch geduscht und im Stadt-Look unterwegs sind (die Glacier Point Road macht es möglich). Auf dem Panorama Trail in Richtung Nevada und Vernal Fall lassen wir jedoch die Massen schnell wieder hinter uns und haben den Blick auf die Rückseite des Half Dome fast für uns alleine – bis wir mit einem Schwarzbären Bekanntschaft machen. Er scheint unbeeindruckt und nach etwas Klatschen sucht er gemütlich in den Büschen das Weite.
Im Laufe unserer Reise konnten wir bereits viele Bergpanoramen genießen. Beim Verweilen auf North Dome wird uns schnell klar, dass sich das Yosemite-Panorama weit oben in unserer Liste der unvergesslichen Eindrücke der Reise einreihen wird. Es ist ein besonderer Nationalpark und die Tiefe des Tals und die außergewöhnliche Dimension der Granitfelsen lassen sich schwer in Worte fassen.
Nordkalifornien
In Nordkalifornien begleitet uns weiterhin vulkanische Umgebung. Am Horizont thront der 4322 Meter hohe Vulkan Mount Shasta. Wir verzichten jedoch auf einen Besteigungsversuch, da die Tour zwölf Stunden dauert und im schneelosen Spätsommer aufgrund großer Steinschlaggefahr zu gefährlich ist. Wir begnügen uns mit einer netten kurzen Tour zu einer kleiner Hütte und nutzen die restliche Zeit auf dem Campingplatz für eine improvisierte Autowäsche, da sich das Weiß des Vans und der Blick durch die Rückfenster inzwischen nur noch erahnen lassen.
(Anm. Berni: Steffis Aussage an jenem Sonntagmorgen am Fuße des Mt. Shasta: “Ich glaube ich habe mich noch nie so deutsch gefühlt. Autowäsche am Sonntagmorgen!”)
Im Lassen Nationalpark wird am Bumpass Hell die immer noch vulkanische Aktivität ans (Tages)Licht gebracht. Vom Schwefeldunst umhüllt betrachten wir heiße Quellen, brodelnde Schlammlöcher und Fumarole, die ein interessantes Schauspiel bieten.
Oregon
In Portland steigen die Temperaturen weiter auf fast 40 Grad. Dementsprechend scheint auch die Stadt noch in der Sommerpause zu sein, sie wirkt ausgestorben, obwohl Portland zu einer der hippesten Städte der USA zählt. Wir finden die Stadt trotzdem reizvoll – es finden sich viele nette Cafés und Food-Trucks, die vielen Backsteinbauten verleihen ein gemütliches Flair und mit einem vollen Geldbeutel könnte man tagelang die Craft-Biere der über 80 Mikro-Brauereien durchprobieren. Nicht umsonst wird Portland gerne als Craft-Bier-Hauptstadt bezeichnet. Wir freuen uns besonders über das gute öffentliche Verkehrsnetz, das uns autofreie Tage erlaubt.
Auf unserem Weg von Portland in Richtung Süden erweist sich Oregon als Vulkan-Land. Überirdisch begleitet uns auf der Fahrt meist der Anblick eines Vulkans am Horizont oder im Rückspiegel und unterirdisch lässt sich beispielsweise eine 1,5 km lange Lavaröhre begehen. Nach einer Stunde im Lava-Tunnel sehnen wir uns wieder nach Tageslicht und Wärme. Die Vulkan-Tour in Oregon endet am 594 Meter tiefen Kratersee im Crater-Lake-Nationalpark, der durch sein bestechendes Blau und seine Spiegelungen einem Bild von Bob Ross entsprungen sein könnte. Zwischen den verschiedenen Vulkan-Gebieten finden wir auf unserer Fahrt immer wieder trockenes hügeliges Steppenland vor.
Übernachtungsstatistik August
Dank guter Camping-App haben wir im August viele sehr kleine, einfache Gratis-Campingplätze gefunden. Auch Wanderparkplätze boten sich manchmal an. Deshalb waren die Übernachtungskosten im August sehr gering, wodurch sich zum Glück die hohen Lebensmittel-Preise in Nordamerika recht gut ausgleichen lassen.
Unsere Übernachtungen im August:
- Übernachtung bei Freunden: 2 Nächte
- Übernachtung im Van: 29 Nächte
Davon gratis: 28 Nächte. Durchschnittliche Übernachtungskosten pro Person: 0,60 €
Olympic Island
Auf der Olympic Halbinsel vor Seattle holt uns eine Hitzewelle ein. Die Temperaturen ohne funktionierende Klimaanlage verwandeln den Van in einen fahrenden Ofen und die Camping-Hochsaison ist noch in vollem Gange, sodass es unmöglich ist, auf der Halbinsel an der Küste ohne Reservierung einen freien Camping-Platz zu finden. Die Auto-Pausen an den Pazifikstränden, wo uns der Wind und die Gischt um die Ohren wehen, sind eine willkommene Abkühlung. Aufgrund des eiskalten Wassers und der gefährlichen Strömungen belassen wir es jedoch bei Strandspaziergängen.
Seattle
Im Vergleich zum ländlichen und teils etwas verwahrlosten Ost-Washington tauchen wir in Seattle in eine moderne Parallelwelt mit einer pulsierenden Tech- und Unternehmerszene ein, in der im EMP Museum und Living Computer Museum vor allem Techies wie Berni auf ihre Kosten kommen. Die Erholungsmöglichkeiten an den Stadtstränden, auf den umliegenden Inseln und dem nahegelegenen Mount Rainier geben der Stadt einen zusätzlichen Reiz. Vom berühmten (Niesel-)Regen in Seattle bleiben wir verschont, was mit Sicherheit zu unserem positiven Eindruck der Stadt beiträgt.
Eine angenehme Überraschung ist für uns der Pike Place Market, einer der ältesten Märkte der USA. Entgegen unserer Erwartung einer reinen Touristenattraktion versprüht der Markt, auf dem man so ziemlich alles (Un-)denkbare finden kann, viel Authentizität und ursprünglichen Charakter.
Auf an die Westküste!
Direkt nach dem Grenzübertritt in die USA beginnt der Glacier Nationalpark. Auch dieser wäre ein Wanderparadies, aber wir lassen die Berge wiederum nur sitzend an uns vorbeiziehen, was auf Dauer nichts für uns ist. So machen wir uns auf an die Westküste nach Seattle. Die Fahrt führt uns rund 700km lang durch West-Montana, Nord-Idaho und Ost-Washington, wo wir vor allem recht karge Landschaften vorfinden. Zwischenzeitlich werden Erinnerungen an die Pampa in Argentinien wach.
Zwei Stunden vor Seattle treffen wir in der Kaskadenkette wieder auf bergiges Grün und den kleinen Ort Leavenworth. In den 1960er Jahren entschieden die Einwohner, den Ort mit allen denkbaren Details in ein typisch bayerisches Bergdorf umzugestalten, um somit dem Verfall des Ortes entgegenzuwirken. Durch die umliegenden Berge, die doch sehr an die Voralpen erinnern, scheint die bayerische Alpen-Idylle perfekt und das Konzept ging auf. In dem Örtchen tummeln sich jährlich zwei Millionen Touristen. Für uns kommt kurz ein Stück Heimatgefühl auf, aber in gewohnt amerikanischer Manier ist es selbst für uns ein bisschen zu viel geballtes Bayern, sodass neben dem bayerischen Minigolf auch noch Starbucks und McDonalds im Landhausstil daherkommen.
Bye, bye Canadian Rockies
Mit einer ausgiebigen Wanderliste für die Nationalparks Banff, Jasper, Yoho und Kootenay sind wir in die kanadischen Rockies gekommen. Doch leider müssen wir alle Pläne verwerfen, da ich bei der letzten Wanderung auf den Mount Taylor umgeknickt bin. Es heißt humpeln und Füße hochlegen statt wandern. Doppelt schmerzhaft…
So verlassen wir bereits nach kurzen drei Tagen ohne Wandertour die Rockies in Richtung Calgary, das auf einer Kanada-Reise definitiv kein Muss darstellt: Downtown kommt einer Geisterstadt gleich, nur ein kurzer Straßenabschnitt ist etwas belebt. Generell wirkt die Millionenstadt leb- und facettenlos. Von Calgary machen wir uns auf in den Süden in Richtung USA.
Icefield Parkway von Jasper nach Banff
Der knapp 300 Kilometer lange Icefield Parkway, der zu den schönsten Straßen der Welt zählt, verläuft inmitten der Rocky Mountains. Er verbindet der Jasper Nationalpark im Norden mit dem Banff Nationalpark im Süden. Die Fahrt versetzt uns mehrfach ins Staunen und bei vielen Pausen lassen wir die kanadischen Rockies auf uns wirken. Durch steil abfallende Gipfel und spitz gezackte Felsformationen scheinen viele Gipfel unbegehbar. Es ist schwer, den imposanten Charakter dieser Fahrt in Bildern einzufangen, vielleicht bekommt man trotzdem einen Eindruck:
Die gleichnamigen Städte Banff und Jasper überzeugen uns jedoch nicht. Beide Städte sind von vermögenden Turnschuh-Touristen eingenommen, die das Ambiente der Stadt prägen. Es fehlt die Ausstrahlung einer Outdoor-Szene, wie wir sie in Squamish und Whistler vorgefunden hatten.
Übernachtungsstatistik Juli
Seitdem wir Vancouver verlassen haben, sind wir fast vollständig von Bett auf Camping-Matratze im Bus umgestiegen.
Unsere Übernachtungen im Juli:
- Untermiete Vancouver: 14 Nächte
- Übernachtung bei Freunden: 1 Nacht
- Van: 16 Nächte
Davon gratis: 17 Nächte. Durchschnittliche Übernachtungskosten pro Person: 4,30 €
Von Pemberton nach Valemount
Von Whistler fahren wir weiter nach Pemberton – ein nettes entspanntes Örtchen, in dessen Umgebung man sich monatelang mit diversen Wanderungen aufhalten könnte.
Wir entscheiden uns für eine Tageswanderung auf den Mount Taylor (2318m) im Joffre Lakes Provincial Park nördlich von Pemberton entlang eines ehemaligen, nicht mehr ausgeschriebenen Weges. Nach einer Stunde Aufstieg zum Upper Joffre Lake lassen wir die Massen hinter uns und haben die Berge den ganzen Tag für uns alleine.
Im Anschluss verlassen wir die Coast Mountains in Richtung Nordosten und finden uns plötzlich in der Halbwüste um die Stadt Kamloops wieder, wo keine kanadischen Tannen mehr zu sehen sind. Es kommt ein Hauch von Wilder Westen auf und wir schwitzen bei 35 Grad im Auto ohne Klimaanlage. Doch schon bald holen uns nördlich von Kamloops die kanadischen Tannen und Temperaturen wieder ein und wir entdecken auf einer Nebenstraße des Highway unseren ersten Schwarzbären.
Squamish & Whistler
Auf dem Weg nach Whistler legen wir nochmal einen Stopp in Squamish ein. Bei regnerischem Wetter machen wir nur eine kurze, aber steile Wanderung auf den Hausberg der Stadt – den Stawamus Chief.
In Whistler verbringen wir fast eine Woche mit arbeiten und wandern. Nach einigen regnerisch kühlen Tagen nutzen wir den ersten sonnigen Tag und wandern zum Wedgemount Lake .
Außerdem wandern wir den High Note Trail auf über 2000 Meter (erreichbar mit einer Gondel) und fahren mit der Peak 2 Peak Gondola (derzeit die Seilbahn mit der größten Spannweite weltweit). In dieser Höhe liegt immer noch etwas Schnee und durch die Kälte fühlt man sich fast wie bei einer Winterwanderung.
Vancouver die Zweite
Nach dem Festival geht es für fünf Tage zurück nach Vancouver, da unser Van mit einer neuen Bremsscheibe und einem neuen Kugelgelenk ausgestattet werden muss, bevor der große Roadtrip beginnen kann. Außerdem versuchen wir, den Bus innen etwas gemütlicher zu gestalten. Wir können es kaum mehr erwarten, endlich unser Bus- und Bergleben zu beginnen.
Letzten Freitag ist es dann endlich soweit. Wir verlassen Vancouver, wo wir uns nach drei Wochen schon fast wie zu Hause fühlen. Auf dem Weg statten wir dem Campus der University of British Columbia und der Main Street Brewery noch einen Besuch ab. Mit einem Growler* unseres Lieblingsbiers als Andenken im Gepäck und einem traumhaften Sonnenuntergang am Third Beach im Stanley Park lassen wir die Stadt hinter uns.
*Growler sind wiederverschließbare Bierflaschen, die dafür gedacht sind, bei Kleinbrauereien Bier direkt ab Fass zu kaufen.
Squamish Beer Festival
Unser erster Ausflug als stolze Autobesitzer führt uns für ein Wochenende nach Squamish, wo wir ein paar Stunden als Freiwillige beim Aufbau für das Craft Beer Festival helfen. Im strömenden Regen stellen wir Zäune und Tische auf, wofür wir freien Festival-Eintritt, Essen, ein T-Shirt und natürlich Craft-Bier bekommen. Wir lernen viele nette Leute sowie die lokale Brauszene kennen und verbringen die ersten beiden Nächte in unserem Bus (wenn auch noch etwas provisorisch). Am Ende des Wochenendes haben wir neue Freundschaften geschlossen und sind mit Dusch- und Übernachtungsangeboten für den nächsten Besuch versorgt. Wir sind einmal mehr begeistert von der Gastfreundschaft der Kanadier.