Lanta-Leben

Trotz der Arbeit bleibt in den sechs Wochen Zeit für ein paar Ausflüge nach Ko Lanta Old Town, zu den Stränden im Süden der Insel, zum Tauchen nach Ko Ha (Berni) und einen Schnorcheltrip auf die Insel Koh Rok, wo wir viele Clownfische zu Gesicht bekommen. Das kleine Inselchen Koh Rok ist umsäumt von wunderbaren Stränden und klarem Wasser. In Thailand ist man an einem solchen Ort natürlich nicht alleine – rund 15 große Ausflugsboote tummeln sich am Hauptstrand, wo alle Touristen zur gleichen Zeit das mitgebrachte Mittagessen bekommen – Biergartenstimmung kommt auf. Entfernt man sich jedoch nur fünf Minuten von dieser Szenerie zum nächsten Strand, ist man fast alleine. Ein Glück, dass vielen Leuten ein 5-minütiger Fußmarsch zu viel Aufwand ist.

Wir werden Ko Lanta vermissen. Am Ende fühlen wir uns schon ein wenig heimisch. In unserem kleinen Gästehaus werden wir morgens immer mit einem herzlichen Lachen begrüßt und fast täglich sind wir in unseren gleichen kleinen Thai-Lokalen, wo wir den Besitzerinnen unsere Bestellung am Ende nicht mehr nennen müssen. Und auch nach sechs Wochen bekommen wir von Pad Thai (mit Tofu), grünem Papayasalat, diversen Currys und Mango-Shakes nicht genug, obwohl praktisch kein Tag ohne Pad Thai-Bestellung verging. Oft hatten wir uns im Laufe des Reisens nach gutem Essen gesehnt – wie zuletzt auf den Philippinen – doch in Thailand freut man sich selbst als VegetarierIn jedes Mal aufs Essen.

Arbeiten auf Koh Lanta

Nach sechs Wochen haben wir nun Koh Lanta und Kohub wehmütig verlassen. In den ersten Tagen hätten wir das wohl kaum für möglich gehalten. Zu touristisch erschien uns die Insel, wo gefühlt (oder tatsächlich) 70% Touristen und nur 30% Einheimische unterwegs sind (obwohl Koh Lanta ja als eine der ruhigen Inseln gilt). Alles existiert für den Tourismus, überraschend ist das bei 30 Millionen Besuchern jährlich (in Thailand) nicht.

Hier ist alles einfach, vermutlich zieht es deshalb jegliche Art von TouristIn an. Jede noch so kleine Unterkunft hat eine integrierte Touragentur. Nur ein Wort und der Ausflug, der Flughafen-Transfer, die Roller-Miete, der Wäscheservice etc. ist arrangiert. Als Backpacker hat man hier Urlaub vom Reisen.

Nach ein paar Tagen merken wir schnell, dass es trotz vieler Touristen auf Koh Lanta gemächlich zugeht und die Strände relativ ruhig sind. Hotelkomplexe gibt es nicht, nur überwiegend charmante Bungalow-Resorts, Pensionen und Strandrestaurants. An den grandiosen Sonnenuntergängen sehen wir uns auch nach sechs Wochen nicht satt.

Zum Arbeiten haben wir hier genau das gefunden, was wir nun über ein Jahr lang nicht hatten: einen richtigen Arbeitsplatz mit netten Coworking-Kollegen, mit denen man schnell in Kontakt kommt. Man könnte meinen, dass man auf der Insel schnell in einen Nicht-Arbeitsmodus verfällt, doch weit gefehlt. Das Arbeiten gestaltet sich sehr produktiv, denn in nur einer Rollerminute sind wir im Kohub und aus der hauseigenen Küche kann man sich mit zwei Klicks leckeres Thai-Essen direkt an den Schreibtisch bestellen.

Tagsüber herrscht im Kohub emsiges Treiben, doch abends kehrt Ruhe ein. In den lauen Sommernächten bei Grillenzirpen arbeitet es sich auf dem Deck besonders gut und wenn man eine Pause braucht, finden sich immer gleichgesinnte Spät-Arbeitende für eine kurze Plauderei. So verbringen wir meist lange Tage im Kohub.

Zum ersten Mal auf der Reise treffen wir im Kohub auf die Community der Digitalnomaden (die digital nomads) – die unabhängig von einem Arbeitsplatz vor allem online arbeiten. Wir stellen fest, dass nomads nicht zwingend abenteuerlustige Reisende sind. Es geht weniger um viel reisen mit ein bisschen arbeiten, sondern um Vollzeitarbeiten mit langen Aufenthalten an verschiedenen Orten. Somit zieht man auf dem “Nomaden-Trail” von Coworking zu Coworking und klappert die Hotspots des Remote-Arbeitens in Südostasien (u.a. Chiang Mai [1] und Bali) ab, um dem Winter zu Hause oder hohen Mieten zu entgehen. Innerhalb der Community kennt man sich auch schon mal von digital nomad cruises oder Nomaden-Konferenzen.

Im Gegensatz zu den Chiang Mai-Erzählungen treffen wir im Kohub viele Leute an, die seit vielen Jahren einer selbstständigen Arbeit nachgehen (vor allem in den Bereichen Programmieren, Grafik-Design, Beratung, Content Writing und Online-Marketing). Einige haben sich mit viel Energie auch ein eigenes Online-Business aufgebaut oder schulen sich mit hohem Zeitaufwand von ihrem alten Berufsfeld zum Programmieren um. Andere konnten ihre Arbeitgeber überzeugen, ortsunabhängig für sie weiterzuarbeiten.


[1] Chiang Mai in Nordthailand gilt als der nomad hub weltweit – die Traumfabrik des Remote-Arbeitens sozusagen. Wir erfahren, dass jungen Anwärter/innen dort gerne mit teuren Schulungen der Traum vom Nomadenleben verkauft wird, selbstverständlich von nomads selbst. Doch so wenig man über Nacht mit eine paar Workshops vom Tellerwäscher zum Schauspiel-Millionär wird, so wenig wird man in vier Wochen zum Remote-Arbeitenden mit gut bezahlten Aufträgen und seriöser Arbeit. Vermarkten lässt sich dieser Lifestyle aber natürlich leicht. 

Nach Thailand?

Nach über einem Jahr auf Reisen sind wir auf der Suche nach einem Ort, an dem wir uns für einige Wochen zum Arbeiten niederlassen können. Wir suchen einen Ort mit günstigen Lebenshaltungskosten und gutem Internet, optimal noch mit einem Coworking Space, und wenn das Außenrum noch etwas hergäbe, umso besser.

Da wir bis Anfang Januar auf den Philippinen waren und wir für März Nepal auf dem Plan hatten, war auch im Hinblick auf die Flugpreise Südostasien eine gute Option. Der wohl beliebteste Hub ortsunabhängig Arbeitender in der Region ist die Insel Bali in Indonesien. Mit $275 Monatsmiete kosten Coworking Büros dort allerdings mehr als in Barcelona und da auch die sonstigen Kosten das nicht ausgleichen, ist Bali unserer Meinung nach zum Arbeiten mittlerweile eigentlich uninteressant.

In Thailand hingegen gibt es auf der Insel Koh Lanta den Coworking Space KoHub, der sich marktgerecht als „Tropical Coworking“ bewirbt. Top Internet, Schreibtische (Laptoptische?) auf der Gartenterrasse oder im klimatisierten Büroraum und zwei Minuten Gehdistanz zum Strand. Wenn man bei Google nach „beste Coworking Spaces der Welt“ sucht, kommt man ums KoHub nicht herum. In Kombination mit dem günstigen Flugpreis von den Philippinen war das dann auch Anlass genug für uns, nach Thailand zu fliegen.

Jetzt ist Thailand natürlich furchtbar langweilig. Hier war wirklich jede/r schon – und zwar am besten bereits in den 70ern, als hier noch der Hippie Trail vorbeikam. Da war es hier noch authentisch, das echte Thailand eben! Aber auf keinen Fall 2017. Nach Thailand fahren die Steuererklärung-Im-Januar-Macher. Backpacker fahren heute nach Äthiopien, Kolumbien oder doch zumindest bitte nach Peru, da ist in Machu Picchu auch viel los, aber das klingt individueller! Thailand, das klingt nach Pauschalurlaub und Sex-Tourismus.

Und doch war Koh Lanta dann genau das, was wir suchten: eine willkommene Pause vom Reisealltag. Tatsächlich ist Thailand an touristischer Infrastruktur schwer zu übertreffen. Nimmt man dazu noch die thailändische Gastfreundlichkeit und die thailändische Küche ergibt sich nach zwölf Monaten reisen eine angenehme Auszeit.

Und wer hat nun Recht? Ist Thailand in 2017 Traum oder Albtraum? Wissenschon, “same same but different”.

Reisen auf den Philippinen

Nach vier Wochen verstehen wir, warum viele Reisende auf den Philippinen Inlandsflüge tätigen und meist die gleichen Top-Spots zum Schnorcheln und Tauchen anfliegen. Denn auch bei eigentlich kurzen Distanzen von 150-200km brauchen wir oft lange Tage und viele verschiedene Verkehrsmittel, bis wir unser nächstes Ziel erreichen. Dabei schwitzen wir nicht selten in engen Bussen und überfüllten Minivans. Verspätungen von Fähren und Bussen machen die Tage noch länger. Für die Überfahrt von Boracay nach Carabao harren wir eine Weile am Strand aus, um ein Pendler-Boot zu finden, da die einzige Alternative ein teures Privatboot ist. Bei der Fahrt von Dumaguete zu Sugar Beach fahren wir mit dem Taxi, drei Bussen, einem Tricycle und einem Paddelboot.

Off-the-Beaten-Path ist man auf den Philippinen mit den vielen Inseln schnell. Abseits der Touristen-Route, die wir einige Male kreuzen, sehen wir kaum andere Touristen, sodass man in manchen Ortschaften als TouristIn doch eine kleine Attraktion ist.

Aufgrund der vielen Fahrten durch ländliche Regionen bekommen wir viele Einblicke in das Insel-Leben der BewohnerInnen, die uns stets freundlich und fröhlich begegnen. Viele Kinder rufen uns enthusiastisch winkend “Hello!” zu. In manchen Regionen folgt der Begrüßung direkt ein “Give me money!”. Auf den Philippinen ist man im Gegensatz zu Taiwan und Nordamerika eben wieder der “reiche” Tourist, was bei dem großen Einkommensgefälle auch nicht verwunderlich ist.

Übernachtungsstatistik 2016

Und gleich noch einen hinterher: die Gesamtstatistik 2016! Da ist einiges zusammen gekommen.

Unsere Übernachtungen in 2016:

  • Van: 79 Nächte
  • Hostel: 69 Nächte
  • Camping: 43 Nächte
  • Untermiete: 42 Nächte
  • Airbnb: 41 Nächte
  • bei Freunden: 21 Nächte
  • Hotel: 21 Nächte
  • Pension/Resort: 19 Nächte
  • Casa Particular (Kuba): 14 Nächte
  • Housesitting: 6 Nächte
  • Nachtbus: 5 Nächte
  • Refugio: 2 Nächte
  • Cabaña: 2 Nächte
  • Flugzeug: 1 Nächte
  • Datumsgrenze: 1 Nächte

Davon gratis: 114 Nächte. Durchschnittliche Übernachtungskosten pro Person/Nacht: 7,29 €.

(Davon waren 66 der Gratisnächte im Van, also eigentlich auch nicht ganz umsonst.)

Philippinen

Bei den Philippinen denkt man an Sonne, Strand und türkises Meer. An Tauchen, Schnorcheln und Sonnenbaden. Denn genau das sind die Hauptattraktionen des aus über 7000 Inseln bestehenden Landes. Neben einigen touristischen Hotspots bereisen wir allerdings auch weniger besuchte Inseln und Orte und wollen uns ein Bild von philippinischen Städten machen.

Unsere Reise beginnt in Cebu City. Verkehrschaos, Armut und Straßenkinder prägen das Stadtbild. Mittendrin steht ein modernes Einkaufszentrum, in dem hinter Eingangskontrollen die kleine Mittel- und Oberschicht zu europäischen Preisen einkaufen. Eine bizarre Parallelwelt. Dumaguete und Bacolod City sind angenehmer, aber auch nicht unbedingt einen Besuch wert.

Abseits der Großstädte und auf den Inseln herrscht eine andere Welt. Landwirtschaft und Fischfang bestimmen den Alltag vieler Menschen. Tourismus ist nur an wenige Orten eine wichtige Einnahmequelle. In Dörfern aus einfachen Hütten laufen Hühner durch die Gegend und ab und an grasen magere Kühe am Straßenrand.

An unserer Weihnachtsdestination Sugar Beach halten wir es problemlos ein paar Tage aus. Der Strand ist wunderschön und das Wasser glasklar. Es geht ruhig zu, denn die Anzahl der Unterkünfte ist überschaubar. Überraschenderweise ist es keine Backpacker-Destination, sondern Urlaubsort für langjährige Stammgäste – überwiegend aus Deutschland und der Schweiz. Auch die meisten UnterkunftsbesitzerInnen sind aus diesen beiden Ländern, sodass es sich fast wie eine deutsch-schweizerische Enklave anfühlt, was uns etwas seltsam erscheint. Dem Schweizer Käsefondue an Weihnachten können wir aber nicht widerstehen!

Auf Boracay lernen wir auch das Gesicht des Massentourismus auf den Philippinen kennen. Auf der 10 km² kleinen Insel tummeln sich jährlich 1,5 Millionen Touristen. Obwohl wir eine schöne Silvesterfeier mit Freunden am Strand haben, erfüllen sich unsere negativen Erwartungen der Touristen-Hochburg. Am eigentlich schönen White Beach herrscht ein Treiben wie in der Fußgängerzone. Hinzu kommen aufdringliche Strandverkäufer und schlechte überteuerte Restaurants. Dicht an dicht stehen Unterkünfte, die bei schlechterer Qualität doppelt so viel kosten wie woanders. Man muss die geballte Ansammlung von Parties und Fun-Aktivitäten à la Banana Boating mögen, um es dort länger als ein paar Tage auszuhalten.

Auf der Nachbarinsel Carabao, die von Boracay nur mit einem kleinen Pendler-Boot zu erreichen ist, ist das alles plötzlich ganz fern: von der Anlegestelle führt nur eine 1,5 Meter breite „Straße“ ins Dorf, der Strand ist leer, Strom ist nur von 4-6h und von 14-24h verfügbar, fließendes Wasser kann jederzeit ausfallen und in drei Tagen sehen wir nur sechs andere Touristen.

Angeblich gibt es bereits Pläne für ein Kasino und größere Hotels auf Carabao. Eine Insel-Bewohnerin erzählt uns, dass Carabao in drei Jahren wie Boracay sein wird. Vorstellen kann man es sich im Moment noch nicht.

Übernachtungsstatistik Dezember

In Taiwan gab es praktisch keine Hostel-Landschaft, wodurch wir viele Hotelübernachtungen hatten, die durch die Nebensaison jedoch recht günstig waren. Auf den Philippinen kommt im Dezember die Kategorie “Resort” hinzu, die jedoch nichts mit unserem Begriffsverständnis von “Resort” zu tun hat. Im philippinischen Sinn beginnt ein Resort bei zwei oder drei einfachen Bungalows und ein paar Zimmern, oft in Strandnähe. Manchmal ist ein kleines Restaurant dabei.

Somit ist die Übernachtungsstatistik im Dezember:

  • Pension / “Resort”: 19 Nächte
  • Hotel: 9 Nächte
  • Airbnb: 2 Nächte
  • Hostel: 1 Nacht

Davon gratis: 0 Nächte. Durchschnittliche Übernachtungskosten pro Person/Nacht: 9,62 €.

Maligayang Pasko!

Das erste Mal verbringen wir Weihnachten bei tropischen Temperaturen – am recht abgelegenen und ruhigen Sugar Beach in Sipalay. Mit Mangos statt Plätzchen und Bikini/Badehose statt Wintermantel. Weihnachtlich geht es auf den Philippinen dennoch zu durch teils ausgiebige Weihnachtsdekorationen und Ohrwürmer a là Feliz Navidad, die an jeder Ecke zu hören sind.

Wir wünschen Euch erholsame Tage. Maligayang Pasko! Frohe Weihnachten!

 

Flug mit Hindernissen

(Liebe Photogalerie-Besucher, dies ist leider ein reiner Text-Beitrag… beim nächsten Mal gibt es wieder etwas für euch, versprochen!)

Eine Weltreise-Anekdote: Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes heißt es bei den Einreisebestimmungen sinngemäß gerne einmal: “Einreise nur mit Vorlage eines Rückflug- oder Ausreisetickets möglich”. Diesen Hinweis gab es für Argentinien, Peru, die USA, China und Taiwan. Für Kuba hieß es, am Flughafen müsse bei der Einreise schriftlich das Bestehen einer Auslandskrankenversicherung nachgewiesen werden. So gut wie nichts davon ist bisher eingetreten. Während wir für Argentinien noch bereits in München ein Fährticket nach Paraguay gekauft hatten, das bei der Einreise niemanden interessierte und im Folgenden ungenutzt verfiel, waren wir bei den nächsten Flügen etwas entspannter. Lediglich für China, wo wir von der strengen Visa-Praxis wussten, hatten wir bereit Weiterflugtickets [1].

Bei unserem Flug auf die Philippinen heute (unserem zehnten Flug auf dieser Reise) waren wir dann noch eine Stufe entspannter (andere würden sagen nachlässiger) und hatten uns gleich gar nicht wirklich über die Einreisebestimmungen informiert. Wir wussten lediglich, dass es wohl ein “Visa on Arrival” gibt. Dementsprechend überrascht waren wir, als uns am Check-In-Schalter in Taipeh eröffnet wurde, dass uns die Airline ohne Nachweis eines Weiterflugtickets nicht mitnehmen würde.

Was macht man also als routinierter Weltenbummler? Das Angebot, direkt am Schalter einen Rückflug nach Taiwan zu buchen, konnten wir natürlich nicht annehmen – wer bucht schließlich noch offline und wie würde die Reaktion sein auf die Frage “Lässt sich der Flug auch gleich stornieren?”? Also schnell den Rechner geöffnet, ins (zum Glück vorhandene und benutzbare) Flughafen-WLAN eingeloggt und nach kurzer Recherche für knapp 500 Euro für drei Tage später einen Flug nach Singapur gebucht, mit Super-Duper-Flexi-Option, angeblich stornierbar für US$33 pro Person. (Die nächstbeste Option wäre ein Flug nach Kuala Lumpur für US$58 p.P. gewesen, nicht erstattbar.) Mit auf dem Laptop geöffneter Flugbestätigung am Check-In-Schalter fuchtelnd erhielten wir dann schließlich die ersehnten Boarding-Pässe.

Ich muss wohl nicht groß ausführen, welch Farce dieses ganze Prozedere ist. Ja, die Airline handelt wohl nur auf Anweisung des Einreiselandes und ja, dieses möchte wohl lediglich seine Immigrationsvorschriften umsetzen. Aber nein, ein PDF auf Handy, Computer oder Papier ist halt leider keine Garantie für eine Ausreise . Genauso wenig wie ein legitimes Ausreiseticket das ist. Schließlich muss man so eins ja nicht wahrnehmen [2].

Selbstredend haben wir das Ticket direkt nach unserer Ankunft storniert. Kostenpunkt voraussichtlich 40 Euro p.P..


[1] Für China lässt sich außerhalb Deutschlands oder Spaniens wohl sowieso nur in Hong Kong ein Visum für drei Monate beantragen. Das für Shanghai neu eingeführte 144-Stunden-Transit-Visum, dessen wir uns bedient haben, hat ganz explizite Ein- und Ausreise-Bestimmungen, weswegen wir sowieso ein Weiterflugticket haben mussten.

[2] Aber wer weiß, vielleicht hat die Empirie hier ja Gegenteiliges ergeben und wir sind unglücklicherweise die Leidtragenden eines ansonsten brillanten Systems.

In 12 Tagen um Taiwan

In weniger als 2 Wochen umrunden wir Taiwan, wo es sich sehr angenehm reist. Das Zugnetz ist ausgeprägt, das Land so sicher wie zu Hause und besonders positiv empfinden wir die Menschen, die uns stets mit einem Lächeln und großer Hilfsbereitschaft begegnen, obwohl wir uns mit nur fünf Wörtern Mandarin, Gesten und einer Wörterbuch-App verständigen können [1]. Touristen aus dem asiatischen Raum gibt es in Taiwan zu Genüge, doch nur wenige nicht-asiatische Reisende scheinen sich nach Taiwan zu verirren, sodass man immer wieder schüchtern-interessierten Augen begegnet.

Der Osten und Süden sind der ländliche Teil der Insel. Beim Blick aus dem Zug ziehen saftig-grüne und tropische Hügellandschaften an uns vorbei. An den wenigen türkisen Stränden im Süden boomt seit einigen Jahren der Tourismus aus China. Im kleinen Ort Kenting lässt deshalb Jesolo grüßen. Unsere kurze Rollertour um den Südzipfel macht trotzdem Spaß.

Im Westen reihen sich von Süd nach Nord diverse Millionenstädte aneinander. Diese bieten architektonisch wenig Abwechslung, jedoch besichtigen wir in Tainan, der ältesten Stadt Taiwans, alte Tempelanlagen, die meist prunkvoll und minuziös verziert sind.

Taiwan wäre eine wahres Paradies für Mehrtageswanderungen – viele Gipfel ragen über 3000 Metern. Leider sind wir dazu jahreszeitlich etwas zu spät dran. Außerdem fehlte uns dazu auch die Vorbereitungszeit, denn eine Wandergenehmigung und Reservierung in den oft ausgebuchten Hütten ist notwendig. Tagestouren lassen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer umsetzen, sodass wir nur eine Halbtageswanderung im Renter-Ort Alishan machen können, wo wir zumindest einen kurzen Blick auf den 3.952 Meter hohen Yushan, den höchsten Berg Ostasiens, erhaschen.

Die landschaftlichen (Berg-)Highlights bleiben uns in Taiwan also verwehrt. Dennoch ist es ein geschichtlich und kulturell interessantes Reiseland. Vor allem die netten Leute, die Nachtmarkt-Kultur und das Essen haben es uns angetan. In jeder Stadt gibt es einfache vegetarische Buffets (mit Essen für knapp 2 Euro), Tofu in jeglicher Form und das Bewusstsein für Vegetarier ist immens hoch.


[1] Eine sprachlich-kulturelle Anekdote: In den Bäckereien oder an den Straßenständen fragen wir immer nach sùshí (chin. für vegetarisches Essen). Geduldig wird jedesmal auf alles gezeigt, was wir essen können. Wir wundern uns, dass Knoblauchbrote u.ä. mehrfach als “nicht vegetarisch” deklariert werden und gehen davon aus, dass sie Schmalz enthalten. Beim zweiten Besuch einer Bäckerei erinnert sich die Mitarbeiterin an mich und deutet auf die Brötchen auf meinem Tablett. Sie erwähnt sùshí und schüttelt den Kopf. Ich blicke verwirrt und sie sagt auf Englisch garlic. Ich deute ihr an, dass garlic in Ordnung ist, woraufhin sie verwirrt zu sein scheint. 30% der Bevölkerung in Taiwan sind Buddhisten, viele davon folgen dem Chinesischen Buddhismus, der häufig eine vegetarische Lebensweise einschließt. In der buddhistisch-vegetarischen Küche verzichtet man nicht nur auf Fleisch und Fisch, sondern auch auf Wurzel-Gemüse wie Knoblauch. Somit werden auch Dinge mit Knoblauch als “nicht vegetarisch” bezeichnet.

Übernachtungsstatistik November

Im November kommen nach elf Monaten zwei neue Kategorien hinzu. Die erste ist Übernachtung bei Verwandten, da wir in Shanghai drei Tage lang bei Steffis Cousin und dessen Familie wohnen durften (vielen Dank nochmals an Markus und Vicky!).

Die zweite Kategorie ist etwas skurril und wird auf dieser Reise wohl nur das eine Mal vorkommen: Überquerung der Datumsgrenze. Auf unserem Flug von Vancouver nach Shanghai am 17. haben wir während des Einsammelns von acht Stunden Zeitverschiebung irgendwann “mittags” die Datumsgrenze zum 18. überschritten. Daher hatte unser November eigentlich nur 29 Nächte. Da wir aber auf unserer Erdumrundung in Richtung Westen mit jeder Zeitzone eine Stunde gewinnen, erhalten wir die Nacht quasi in der Summe “zurück”. Somit hat das hier eher etwas mit Buchführung zu tun, aber wo besser als bei 180° Ost/West.

Unsere Übernachtungen im November:

  • Untermiete Vancouver: 16 Nächte
  • Hostel: 6 Nächte
  • Airbnb: 4 Nächte
  • Übernachtung bei Verwandten: 3 Nächte
  • Überquerung der Datumsgrenze: 1 “Nacht”

Davon gratis: 4 Nächte. Durchschnittliche Übernachtungskosten pro Person/Nacht: 9,95 €.

Taipeh

Die taiwanesische Hauptstadt Taipeh gefällt uns auf Anhieb. Die Stadt glänzt zwar nicht durch ihre Architektur, aber dafür umso mehr durch das bunte Straßenleben. In Taipeh gibt es kein Zentrum, denn überall ist etwas los und alle Straßen sind mit Garküchen, Restaurants, Klamotten-Läden und natürlich Tee-Shops bespickt – von sehr einfachen bis hin zu hipsterartigen Varianten. Zusätzlich gibt es überall Nachtmärkte, auf denen man sich abends zum Essen trifft und wir nach den langen Stadtspaziergängen reichlich schlemmen.

Wenn wir nicht essen, besuchen wir die Tempel und Museen der Stadt. Zudem würden die umliegenden, grünen Berge (erreichbar in weniger als einer Stunde) zum Wandern einladen, doch leider ist es meist zu regnerisch.

Shanghai

Nach einem 12-stündigen Flug über die einsamen, unbesiedelten Gletscherlandschaften Alaskas und Russlands landen wir in Shanghai – einer der größten Metropolregionen der Welt.  Mit über 1000 Wolkenkratzern, dem weltweit einzigen Transrapid und einem sich laufend ausweitenden Stadtrand und Metro-Netz folgt man bei der Stadtplanung anscheinend dem Motto “höher, schneller, weiter”. Hier ist alles größer und die berühmte Nanjing-Einkaufsstraße erinnert an eine überdimensionale Version der Münchner Fußgängerzone.

Nach einigen Tagen Smog und tief hängenden Regenwolken eröffnet sich uns der Blick auf die Skyline Shanghais, die innerhalb der letzten 20 Jahre im Stadtteil Pudong (rechts des Huangpu-Flusses) aus dem Boden gestampft wurde (hier ein Vorher-Nachher-Photo). Ebenso beeindruckend wie die Beton- und Glasgiganten sind die prunkvollen Gebäuden aus dem 19. und 20. Jahrhundert auf der anderen Flussseite.

Doch nicht alles in Shanghai glänzt. Wir treffen auch auf alte Straßenzüge, in denen Anwohner unter einfachsten Bedingungen und auf engstem Raum in kleinen Gassen zusammenleben – ein großer Gegensatz zu den modernen Neubau-Komplexen, denen es auch an Viertel-Kultur fehlt.

Schon lange haben wir uns auf asiatische Esskultur gefreut und in Shanghai werden wir zum Einstieg nicht enttäuscht, denn die Gerichte haben zum Glück wenig mit chinesischen Restaurants in Deutschland zu tun. Stattdessen finden sich reichlich vegetarische Gerichte in Verbindung mit würzig-scharfen Saucen.

 

Auf nach Asien!

Die Flüge sind gebucht! Am Donnerstag verabschieden wir uns nach über 10 Monaten vom amerikanischen Kontinent. Wir sind gespannt auf neue kulturelle Eindrücke an unseren vorerst nächsten Zielen in Asien: mit einer Woche Stopover in Shanghai fliegen wir nach Taiwan und auf die Philippinen!

Zusammen mit unserer Reise durch Mittelamerika 2009 haben wir inzwischen über ein Jahr in Amerika verbracht. Dennoch gibt es sicherlich irgendwann ein Wiedersehen,  viel bleibt für weitere Reisen zu erkunden: Kolumbien, die Cordillera Blanca in Peru und Mexiko abseits von Cancún und Tijuana stehen ganz oben auf unserer Liste.

¡Hasta pronto!

Bye Bye Van

Die über zweiwöchige Suche hat ein Ende – unser Van hat einen neuen Besitzer und kehrt nach einem Sommer als Camper in die Arbeitswelt zurück. Damit endet nun nach über 15.000 Kilometern endgültig unsere Van-Zeit.

Der Van hat uns in den letzten vier Monaten eine unglaubliche Freiheit, Flexibilität und oft kostenlose Nächte ermöglicht. Ohne Probleme konnten wir auch unbekanntere Ecken erkunden. Busfahrpläne waren unwichtig, mühsames Hitchhiken und tägliches Rucksackpacken nicht notwendig!

Schee war’s!