Von Kathmandu fahren wir nach Pokhara. Die Fahrt ist holprig, nach acht Stunden kommen wir durchgeschüttelt an. Bei schönem Wetter kann man von der Stadt direkt auf das Annapurna-Massiv blicken. Jedoch ist es tagelang bewölkt und diesig. Pokhara ist ruhiger als Kathmandu. In „Lakeside“ am Seeufer wurde in den vergangenen Jahrzehnten ein reines Touristenviertel geschaffen – gesäumt von Restaurants, Cafés und Outdoor-Geschäften. Als TouristIn ist das zwar bequem, hat aber mit Nepal wenig zu tun.
Wir entschließen uns in dieser Gegend für den recht unbekannten [1] Mardi Himal Trek, der zum Base Camp des Mardi Himal auf 4.500 Metern führt und einen spektakulären Blick auf die Annapurnas geben soll. Regen ist angesagt und im Permit-Büro erfahren wir, dass andere Treks und Pässe bereits wegen zu viel Schnee gesperrt sind. Über die Bedingungen auf dem Mardi-Himal-Trek kann man uns jedoch nichts sagen. Die Informationslage in Nepal ist schlecht.
Bereits beim Aufstieg fängt es an zu regnen. Statt der Berge sehen wir nur Wolken. Wir übernachten in einem einfachen Teahouse im Forrest Camp – zusammengeschustert aus Stein, Holz und Wellblech. Es ist kalt. Am Ofen aus einem alten Fass und Lehm können wir uns aufwärmen. Unsere Gastgeberin freut sich, dass wir an diesem Tag als einzige Gäste noch zu ihr gekommen sind, denn das Geld ist nötig. Mit ein paar Wörtern Englisch, die sie von Touristen gelernt hat, erzählt sie uns ein bisschen und lernt uns ein paar Wörter Nepalesisch. Wir können uns vor allem „Guten Morgen“ (Schuva Bihani) merken, denn ausgesprochen klingt es fast wie „Super Berni“.
Am nächsten Tag auf dem Weg zum High Camp erfolgt der Wintereinbruch, sodass wir nicht weiter als zum Middle Camp auf 3.200 Metern kommen. Hier treffen wir auf einige andere nette, gestrandete Wanderer, da der Weg zum High Camp komplett zugeschneit ist. Wir hoffen auf den nächsten Morgen, doch auch der begrüßt uns mit Wolken.
Da uns der Aufstieg am Grat im tiefen Schnee zum High Camp zu riskant ist, beschließen wir, wieder abzusteigen. Abwärts klart es langsam auf. Kurzentschlossen verbringen wir die Nacht im Australian Camp (eine Stunde vor dem Endpunkt). Und wir haben Glück. Am Morgen zeigen sich Annapurna Süd (7.219m) und Machapuchare (6.993m). Das Annapurna-Massiv gibt es also wirklich. Nach drei Tagen in den Wolken hatten wir bereits daran gezweifelt.
[1] Wie so oft bei bekannten Trekking-Destinationen konzentriert sich auch in Nepal das Trekken auf die berühmtesten Pfade. Jede/r spricht in Nepal vom Annapurna Circuit, dem Everest Basecamp Trek oder dem Ghorepani Trek. Letzterer führt auf den Aussichtspunkt Poon Hill, an dem sich hunderte von Touristen beim Sonnenaufgang tummeln (so erzählen es uns andere Wanderer). Auf den drei genannten Treks finden sich inzwischen recht komfortable Unterkünfte, die Annapurna Treks sehen im Jahr über 100.000 Touristen, der Everest Base Camp Trek fast 40.000. Wer also Ruhe in den Bergen sucht, ist hier falsch. Wir kreuzen den Ghorepani Trek beim Aufstieg zu Mardi Himal. Das Publikum erinnert uns sehr an Torres del Paine und Fitz Roy in Patagonien, wo ebenfalls viele Wander-Neulinge unterwegs waren.