Nach sechs Wochen haben wir nun Koh Lanta und Kohub wehmütig verlassen. In den ersten Tagen hätten wir das wohl kaum für möglich gehalten. Zu touristisch erschien uns die Insel, wo gefühlt (oder tatsächlich) 70% Touristen und nur 30% Einheimische unterwegs sind (obwohl Koh Lanta ja als eine der ruhigen Inseln gilt). Alles existiert für den Tourismus, überraschend ist das bei 30 Millionen Besuchern jährlich (in Thailand) nicht.
Hier ist alles einfach, vermutlich zieht es deshalb jegliche Art von TouristIn an. Jede noch so kleine Unterkunft hat eine integrierte Touragentur. Nur ein Wort und der Ausflug, der Flughafen-Transfer, die Roller-Miete, der Wäscheservice etc. ist arrangiert. Als Backpacker hat man hier Urlaub vom Reisen.
Nach ein paar Tagen merken wir schnell, dass es trotz vieler Touristen auf Koh Lanta gemächlich zugeht und die Strände relativ ruhig sind. Hotelkomplexe gibt es nicht, nur überwiegend charmante Bungalow-Resorts, Pensionen und Strandrestaurants. An den grandiosen Sonnenuntergängen sehen wir uns auch nach sechs Wochen nicht satt.
Zum Arbeiten haben wir hier genau das gefunden, was wir nun über ein Jahr lang nicht hatten: einen richtigen Arbeitsplatz mit netten Coworking-Kollegen, mit denen man schnell in Kontakt kommt. Man könnte meinen, dass man auf der Insel schnell in einen Nicht-Arbeitsmodus verfällt, doch weit gefehlt. Das Arbeiten gestaltet sich sehr produktiv, denn in nur einer Rollerminute sind wir im Kohub und aus der hauseigenen Küche kann man sich mit zwei Klicks leckeres Thai-Essen direkt an den Schreibtisch bestellen.
Tagsüber herrscht im Kohub emsiges Treiben, doch abends kehrt Ruhe ein. In den lauen Sommernächten bei Grillenzirpen arbeitet es sich auf dem Deck besonders gut und wenn man eine Pause braucht, finden sich immer gleichgesinnte Spät-Arbeitende für eine kurze Plauderei. So verbringen wir meist lange Tage im Kohub.
Zum ersten Mal auf der Reise treffen wir im Kohub auf die Community der Digitalnomaden (die digital nomads) – die unabhängig von einem Arbeitsplatz vor allem online arbeiten. Wir stellen fest, dass nomads nicht zwingend abenteuerlustige Reisende sind. Es geht weniger um viel reisen mit ein bisschen arbeiten, sondern um Vollzeitarbeiten mit langen Aufenthalten an verschiedenen Orten. Somit zieht man auf dem “Nomaden-Trail” von Coworking zu Coworking und klappert die Hotspots des Remote-Arbeitens in Südostasien (u.a. Chiang Mai [1] und Bali) ab, um dem Winter zu Hause oder hohen Mieten zu entgehen. Innerhalb der Community kennt man sich auch schon mal von digital nomad cruises oder Nomaden-Konferenzen.
Im Gegensatz zu den Chiang Mai-Erzählungen treffen wir im Kohub viele Leute an, die seit vielen Jahren einer selbstständigen Arbeit nachgehen (vor allem in den Bereichen Programmieren, Grafik-Design, Beratung, Content Writing und Online-Marketing). Einige haben sich mit viel Energie auch ein eigenes Online-Business aufgebaut oder schulen sich mit hohem Zeitaufwand von ihrem alten Berufsfeld zum Programmieren um. Andere konnten ihre Arbeitgeber überzeugen, ortsunabhängig für sie weiterzuarbeiten.
[1] Chiang Mai in Nordthailand gilt als der nomad hub weltweit – die Traumfabrik des Remote-Arbeitens sozusagen. Wir erfahren, dass jungen Anwärter/innen dort gerne mit teuren Schulungen der Traum vom Nomadenleben verkauft wird, selbstverständlich von nomads selbst. Doch so wenig man über Nacht mit eine paar Workshops vom Tellerwäscher zum Schauspiel-Millionär wird, so wenig wird man in vier Wochen zum Remote-Arbeitenden mit gut bezahlten Aufträgen und seriöser Arbeit. Vermarkten lässt sich dieser Lifestyle aber natürlich leicht.