Unsere Route führt uns an die Nordseite des Grand Canyon. Nur ein Zehntel aller Besucher zieht es hierher. Die großen Massen verschlägt es an das South Rim, wo es eine ganze Grand Canyon City gibt. Die Saison endet am Nordteil bald. Der Herbst hält Einzug. Für US-amerikanische Nationalparkverhältnisse geht es deshalb relativ entspannt zu, was wir genießen.
Der Blick in den Canyon ist definitiv sehenswert, doch der wirkliche Reiz liegt darin, die Tiefen zu erkunden. Nach einer zweitägigen Wartezeit ergattern wir ein Overnight Permit [1] für eine 3-Tagestour. Der Pfad schlängelt sich im Zickzack von 2512 Metern an den Steilwänden in die Tiefe, bis wir auf 1244 Metern unseren Zeltplatz für zwei Tage erreichen. Eine lange Tagestour (27 km) mit leichtem Gepäck bringt uns von dort bis an den Colorado River unter der Südkante des Canyons. Wir laufen in einem Canyon im Canyon. Steilwände bauen sich ringsum auf. Wir fühlen uns klein. Am letzten Tag arbeiten wir uns in der Morgendämmerung wieder nach oben und blicken immer wieder gebannt auf den Weg in der Tiefe zurück.
Die Tour lässt nichts zu wünschen übrig und die diversen Klima-Welten faszinieren: Oben tragen wir Mützen, unten schütten wir uns Wasser über den Kopf. Oben schlafen wir frierend im Van, unten leicht bekleidet nur mit Innenzelt. Oben zieht eine Bison-Herde an den Wäldern vorbei, unten halten wir nach Klapperschlangen Ausschau. Oben suchen wir etwas Sonne inmitten der schattigen Pinienwälder, unten Schatten inmitten der sonnigen und kakteenreichen Schlucht.
Die nächste Herausforderung -wenn man die Landschaft bereits kennt – wäre hier die Grand Canyon Durchquerung an einem Tag. Auf diesem Rim-To-Rim-Hike (R2R) hat man in der Version vom North Rim zum South Rim lange 38,5 Kilometer zu bewältigen (mit stolzen 1760 Höhenmeter abwärts und 1460 Höhenmeter aufwärts). Dieser Wanderung ist seit zwei Jahren ein großer Trend, vor allem bei Trail Runnern.
[1] Das Overnight Permit erlaubt es, bei einer Mehrtagestour zu campen. Die nötige Reservierung für einen der wenigen Zeltplätze gibt es mit dazu. Die Jagd auf die Permits beginnt in allen Nationalparks bereits Monate im Voraus. Eine schwierige Angelegenheit für Reisende ohne Langzeitplan. Am Grand Canyon werden aber 15% der Permits zurückgehalten und erst 24h vor der Wanderung ausgegeben. Wer morgens zuerst am Permit-Büro ist, kann sich freuen.